Inklusive Konzepte und Grundsätze werden spätestens mit Inkrafttreten des European Accessibility Acts 2025 in Deutschland Standard. Warum wir nicht erst dann neue Maßstäbe an den Designprozess legen sollten.

Worum es geht

Am 28.06.2025 tritt in Deutschland das „Barrierefreiheitstärkungsgesetz“ (BFSG) in Kraft. Jap, das ist mal wieder ein sehr deutscher Name, um ein sehr universelles Problem zu lösen: Websites sind bisher nicht immer für alle Menschen gut nutzbar. Daran müssen wir arbeiten. So einfach ist das eigentlich.

Kleiner Exkurs: Was ist inklusives Design?

Nutzer*innen von Interfaces sind unterschiedlich. Inklusives Design berücksichtigt das. Und zwar schon im Entwicklungsprozess. Anstatt also zu erwarten, dass Nutzer*innen sich an eine Oberfläche anpassen oder in Kauf zu nehmen, dass sie diese nur eingeschränkt nutzen können, denkt das Design die Bedürfnisse von möglichst vielen Menschen mit. Klar ist auch, kein Produkt wird die Bedürfnisse aller Menschen erfüllen können. Wir können es im Designprozess aber zum Standard machen, dass Anwendungen von Anfang an Menschen mit diversen Stärken und Eigenschaften in vielfältigen Situationen berücksichtigen. Tastatur oder Sprachbefehl, Maus oder Touchpad – die Lösung liegt darin, dass „oder“ zu begraben und das „und“ Willkommen zu heißen. So erhöhen wir auch die Qualität unserer Produkte. Und indem wir sie intuitiv bedienbar und simpel einsetzbar machen, erhöhen wir auch ihre Chancen, sich auf dem Markt zu behaupten. Weil ihre Nutzer*innen sich wahrgenommen fühlen. [6]

Wie es dich betrifft

Wir haben euch die wichtigsten Eckdaten des BFSG im Infokasten zusammengefasst. Neben dem „Müssen“ ist es uns aber wichtig, an das „Wollen“ zu appellieren. In Deutschland leben 7,8 Millionen Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung [2]. Es sollte für sie keine Hürde darstellen sollte, die von uns entworfenen Websites zu nutzen. Wenn wir Barrieren brauchen, dann doch gegen Diskriminierung aller Art.

Und natürlich gibt es auch wirtschaftliche Gründe: Du erreichst eine größere Zielgruppe bzw. schöpfst das Potenzial deiner Zielgruppen wirklich aus. Wenn wir schon bei den Potenzialen sind: In Google-Rankings werden inklusiv Websites potenziell bevorzugt. Außerdem vermeidest du natürlich rechtliche Konsequenzen. Wir könnten hier ins Detail gehen. Aber zum Glück listet die Website barrierefreies.design all diese und weitere gute Gründe schon tipptopp auf.

Was Websites dann leisten müssen

  • für Menschen mit Behinderungen „auffindbar, zugänglich und nutzbar“ (Standards der EN 301 549) [4]
  • eine „Erklärung zur Barrierefreiheit“ bereitstellen (Informationen über die Umsetzung der Barrierefreiheit und evtl. noch nicht barrierefreie Bereiche) [4][5]

Wofür das Gesetz gilt

  • Websites und Apps im B2C-Bereich
  • neue Inhalte
    (Veröffentlichung ab 28.06.2025)
  • bestehende Inhalte
    (Anpassung bis Mitte 2030) [3]

Was Websites dann leisten müssen

  • für Menschen mit Behinderungen „auffindbar, zugänglich und nutzbar“
    (Standards der EN 301 549) [4]
  • eine „Erklärung zur Barrierefreiheit“ bereitstellen (Informationen über die Umsetzung der Barrierefreiheit und evtl. noch nicht barrierefreie Bereiche) [4][5]

Verstöße gegen das BFSG reichen von Bußgeldern bis zu einer Sperrung [1] der Website.

Für welche Websites ist das BFSG nicht relevant:

  • rein private Websites
  • B2B-Angebote
  • Kleinunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeiter*innen und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von maximal 2 Millionen Euro [5]

Wie du loslegst

First things first: Am besten legst du JETZT los.
Je nach Umfang einer Website können die Anpassungen einer Website mehrere Monate brauchen.

Verschiebe deinen Fokus im Designprozess.
Und zwar von Nutzungstypen auf Nutzungssituationen. Dieser kleine, aber feine Unterschied schafft Bewusstsein dafür, dass jeder Mensch in gewissen Situationen von der Nutzung eines Produkts ausgeschlossen sein kann, sei es wegen einer lauten Umgebung, eingeschränkter Mobilität oder einer Verletzung. In einer digitalisierten und mobilen Welt ist dieser Fokus auf Nutzungssituationen ganz entscheidend, denn sehr viele Produkte nutzen wir nicht ausschließlich in einer bestimmten Umgebung.

Lass dir helfen!
Du musst den Weg zu einer barrierefreien digitalen Plattform nicht mit einer Machete freischlagen. Das haben andere schon für dich getan. Mit feineren Tools. In unserem Artikel 5 Tools für eine barrierefreie Website gehen wir auf die Hilfsmittel, die wir besonders spannend finden, genauer ein.

Woher wir das wissen:

[1] seokratie.de/barrierefreie-websites/

[2] aktion-mensch.de/inklusion/barrierefreiheit/barrierefreie-website

[3] voll.digital/wissen/barrierefreiheit-website-pflicht

[4] revier.de/news/detail/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz-bfsg-2025/

[5] aktion-mensch.de/inklusion/barrierefreiheit/barrierefreie-website/gesetzliche-pflichten

[6] anti-bias.eu/anti-bias-strategien/inklusives-design-definition-und-nutzen

Was noch interessant ist:

Die Neue Norm – das Magazin für Disability Mainstreaming

Leidfaden von Leidmedien

Warum „Handicap“ das falsche Wort für Behinderung ist