Die digitale Plattform „Kunst, Raub und Rückgabe" dokumentiert NS-Kunstraub-Schicksale und Restitutionsarbeit.

Digitale Erinnerungskultur

Ein Meilenstein in der Aufarbeitung von NS-Kunstraub

Die dunklen Kapitel der deutschen Geschichte werfen bis heute ihre Schatten. Eines davon ist der systematische Raub von Kunstwerken und Kulturgütern aus jüdischem Besitz während der NS-Zeit. Was viele nicht wissen: Von diesem milliardenschweren Kunstraub profitierten auch zahlreiche deutsche Museen – eine unbequeme Wahrheit, der sich die Kulturinstitutionen heute stellen müssen.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Bayerische Staatsgemäldesammlung haben sich dieser Verantwortung angenommen und mit „Kunst, Raub und Rückgabe – vergessene Lebensgeschichten" ein bemerkenswertes digitales Projekt ins Leben gerufen. Die seit 2023 kontinuierlich wachsende Plattform kunst-raub-rueckgabe.de gibt den Opfern des NS-Kunstraubs ein Gesicht und dokumentiert die wichtige Arbeit der Provenienzforschung.

Kunst, Raub und Gerechtigkeit: Wie digitales Storytelling NS-Raubkunst-Schicksale sichtbar macht 3
Kunst, Raub und Rückgabe – Smartphone Ansicht

Vergessene Lebensgeschichten im Fokus

Was die Plattform besonders macht: Sie rückt nicht die Kunstwerke selbst, sondern die Menschen dahinter in den Mittelpunkt. Jede Restitution erzählt eine persönliche Geschichte – von Verfolgung, Enteignung und dem oft jahrzehntelangen Kampf der Nachkommen um Gerechtigkeit.

Es geht also um weit mehr als die bloße Rückgabe von Kunstwerken. Es geht darum, den Menschen, die hinter diesen Objekten stehen, ihre Würde zurückzugeben und ihre Geschichten zu erzählen.

Die ursprünglich mit fünf Lebensgeschichten gestartete Plattform umfasst mittlerweile über 20 sorgfältig recherchierte und multimedial aufbereitete Biografien. Mehr als 800 Bilder dokumentieren die Schicksale der Betroffenen und den Weg der geraubten Kunstwerke durch die Jahrzehnte.

Aus datenschutzrechtlichen Gründen benötigt Vimeo Ihre Einwilligung um geladen zu werden. Mehr Informationen finden Sie unter Datenschutzerklärung.

Ein Storytelling-Framework

Um diese sensiblen Inhalte angemessen zu präsentieren, wurde ein maßgeschneidertes Storytelling-Framework entwickelt. Dieses ermöglicht es auch der wissenschaftlichen Redaktion ohne umfangreiche digitale Vorkenntnisse, komplexe multimediale Geschichten zu erzählen.

Die Plattform beeindruckt durch ihre technische Vielfalt. Über 20 verschiedene Module ermöglichen abwechslungsreiches Storytelling:

  • Video- und Audio-Dateien machen die Geschichte lebendig
  • Vorher-Nachher-Slider visualisieren Restaurierungsarbeiten
  • Interaktive Karten zeigen Fluchtwege und Stationen der Kunstwerke
  • Zoomfunktionen erlauben detaillierte Betrachtungen der Objekte

Besonders wichtig war den Projektverantwortlichen dabei, ein barrierefreies System zu schaffen, das für alle Menschen zugänglich ist. Die zweisprachige Ausrichtung (Deutsch/Englisch) unterstreicht zudem den internationalen Charakter dieser Aufarbeitung.

Ein wachsendes digitales Archiv mit gesellschaftlicher Relevanz

In Kooperation mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) und dem Bayerischen Rundfunk (BR) entstanden ergänzend hochwertige Kurzdokumentationen, die auf der Plattform integriert sind. Diese medienübergreifende Zusammenarbeit verdeutlicht die gesellschaftliche Relevanz des Projekts.

Die Zielgruppe ist bewusst breit gefasst: Von direkt Betroffenen und ihren Nachkommen über Kunst- und Geschichtsinteressierte bis hin zu Fachpublikum aus Politik, Presse und der musealen Community richtet sich das Angebot an alle, die sich mit diesem wichtigen Kapitel deutscher Geschichte auseinandersetzen möchten.

Sensible Themen digital vermitteln

Die Umsetzung eines solchen Projekts stellt besondere Anforderungen an alle Beteiligten. Das Thema NS-Raubkunst ist für die beteiligten Institutionen heikel – schließlich geht es auch um die kritische Aufarbeitung der eigenen Sammlungsgeschichte. Umso bemerkenswerter ist der offene und transparente Umgang mit diesem schwierigen Erbe.

Die digitale Plattform wächst kontinuierlich weiter und entwickelt sich zu einem bedeutenden Archiv der Erinnerungskultur. Sie zeigt exemplarisch, wie moderne Technologie dazu beitragen kann, historisches Unrecht aufzuarbeiten und den Betroffenen eine Stimme zu geben.

Fazit: Digitales Storytelling als Brücke

„Kunst, Raub und Rückgabe" ist mehr als eine Website – es ist ein digitales Denkmal für die Opfer des NS-Kunstraubs und gleichzeitig ein zukunftsweisendes Beispiel für verantwortungsvolle Museumsarbeit im 21. Jahrhundert. Das Projekt verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Provenienzforschung fortzusetzen und deren Ergebnisse transparent zu kommunizieren.

Die Plattform leistet einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur und zeigt, dass die Aufarbeitung der NS-Zeit auch im digitalen Zeitalter nicht an Relevanz verliert – im Gegenteil: Durch innovative Vermittlungsformen erreicht sie neue Zielgruppen und schafft ein tieferes Verständnis für die persönlichen Schicksale hinter den geraubten Kunstwerken.

Besuche die Plattform unter kunst-raub-rueckgabe.de und tauche ein in die vergessenen Lebensgeschichten, die hinter jedem restituierten Kunstwerk stehen.

Teamwork

Wir bedanken uns für die großartige Zusammenarbeit mit Dr. Anke Lünsmann und Dr. Julia Devlin.

Arne Keunecke — Konzept, Beratung und WordPress-Entwicklung
Anke Schnier — Corporate Design und UI
Emanuel Arndt — Projektmanagement und Entwicklung des Story-Systems
Patrick Wagner — Website-Wartung